Stillen ist die optimale Ernährungsform und primäre Prävention am Lebensstart. Es hat viele belegte Gesundheitseffekte.
Die Muttermilch versorgt das Kind mit Immun- und Abwehrstoffen der Mutter und schützt es so vor Infektionen im Bereich Hals, Nasen, Ohren und im Magen-Darm-Trakt.
Stillen ist ein Schutzfaktor gegen das Auftreten des plötzlichen Kindstodes und erleichtert das Bonding.
Stillen senkt beim Kind das Risiko für spätere kardiovaskuläre Erkrankungen, Übergewicht, Diabetes Typ 2, Störungen des Immunsystems und Krebserkrankungen.
Stillen fördert die innige Beziehung zwischen Mutter und Kind und bedeutet für das Kind auch Zuwendung, Nähe und Wärme.
Stillen begünstigt die optimale Entwicklung der Gesichts- und der Mundmuskulatur sowie des Kiefers.
Stillen bietet auch Vorteile für die Mutter: Die Stillhormone fördern die Rückbildung der Gebärmutter, wodurch die Blutungsgefahr nach der Geburt reduziert wird. Ausserdem senkt Stillen das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.
Die Effekte des Stillens auf die kindliche und mütterliche Gesundheit wirken sich auch auf die Kosten für das Gesundheitswesen aus, was wiederum für die gesamte Gesellschaft von Bedeutung ist.
Der Schutz und die Förderung des Stillens entsprechen der global verfolgten WHO-Strategie, die zum Ziel hat, die optimale Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern zu fördern, zu schützen und zu unterstützen.
Muttermilch ist gesund, praktisch und jederzeit und überall in der richtigen Temperatur und Zusammensetzung verfügbar. Die Muttermilch ändert sich und passt sich den Bedürfnissen des Säuglings von alleine an – innerhalb einer Stillmahlzeit (Vorder- und Hintermilch) und ebenfalls mit dem wachsenden Kind.
Stillförderung Schweiz empfiehlt Stillen so lange, wie Mutter und Kind dies möchten. Während der ersten sechs Monate ist ausschliessliches Stillen ein gewünschtes Ziel. Zusätzlich zum Stillen kann ab dem fünften Lebensmonat schrittweise Beikost eingeführt werden.
Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lautet, dass weltweit alle Säuglinge sechs Monate ausschliesslich gestillt werden sollten und anschliessend auch nach Einführung der Beikost bis zum Alter von zwei Jahren und länger gestillt werden können. Pädiatrie Schweiz (SGP) formuliert ihre Empfehlungen bewusst offen und flexibel. Ausschliessliches Stillen bis zum sechsten Lebensmonat ist ein gewünschtes Ziel. Frühestens ab dem fünften Lebensmonat kann und spätestens mit Beginn des siebten Lebensmonats soll Beikost individuell angepasst eingeführt werden.
Die Stillrate in der Schweiz wurde 1994 [1], 2003 [2] und 2014 [3] im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit in repräsentativen Querschnittsstudien zur Säuglingsernährung genauer untersucht. Die Stilldauer hat von 1994 bis 2003 deutlich zugenommen und ist bis 2014 konstant geblieben. Insgesamt sind jedoch die aktuellen Stillempfehlungen noch nicht ausreichend umgesetzt.
Die Swiss Infant Feeding Study (SWIFS) 2014 zeigt, dass der Wille zu stillen bei Müttern in der Schweiz gross ist. So stillen unmittelbar nach der Geburt 95 Prozent der Mütter ihr Kind. Bereits in den ersten zwei Monaten stillen jedoch nur noch 71 Prozent und im dritten und vierten Monat nur noch 62 Prozent der Mütter ihre Kinder ausschliesslich. Mit sechs Monaten werden nur noch 40 Prozent der Kinder gestillt. Somit hören viele Mütter früher auf, als dies Fachorganisationen für die Gesundheit der Säuglinge als optimal erachten. An diesen Fakten hat sich in den letzten Jahren nichts Wesentliches geändert.
Die im Auftrag der beiden Bundesämter für Gesundheit (BAG) und Lebensmittelsicherheit (BLV) durchgeführte Befragung ergab deutliche Unterschiede der Stilldauer je nach Alter der Mütter, Ausbildungsniveau und Erwerbstätigkeit der Eltern, Einstellung der Väter und geografisch-kultureller Herkunft. Säuglinge von älteren Müttern, in einer Beziehung lebenden Frauen, gut ausgebildeten Eltern und Vätern mit positiver Einstellung zum Stillen profitieren von einer längeren Stilldauer. Wie bereits frühere Untersuchungen liefert auch die Studie von 2014 Hinweise darauf, dass in stillfreundlichen Spitälern geborene Säuglinge tendenziell länger gestillt werden.
Ergebnisse der Studie lassen darauf schliessen, dass Mütter, die in ihrer Stillabsicht unterstützt werden – sei es von den Vätern, dem erweiterten privaten Umfeld, Spitälern, Fachpersonen oder in der Arbeitswelt –, diese Absicht tendenziell länger in die Tat umsetzen als nicht unterstützte Mütter. An Bedeutung stark zunehmend ist dabei der Einfluss der Arbeitswelt, weil Mütter heute nach einer Geburt früher und mit höheren Arbeitspensen ins Berufsleben zurückkehren als noch 2003. Unvereinbarkeit von Stillen und Arbeit wurde in der Umfrage von jeder vierten erwerbstätigen Mutter als Grund für ein frühzeitiges Abstillen genannt. Gar nur jede zehnte erwerbstätige Mutter gab an, von ihrem Arbeitgeber über ihre Rechte als stillende Arbeitnehmerin informiert worden zu sein.
Die Studie von 2014 zeigt, dass fast alle Schwangeren und Mütter Stillberatung erhielten und damit in der Regel sehr zufrieden waren.
2020 wurde der
WBTi (World BreastfeedingTrends Initiative) Bericht
zum Thema Still-Politik in der Schweiz erstellt. Resultat: 48 von 100 möglichen Punkten.
[2] Merten S., Dratva J., Ackermann-Liebrich U. Do Baby-Friendly hospitals influence breastfeeding duration on a national level? Pediatrics. 2005:116;e702-e708
[3] Gross K., Späth A., Dratva J., Zemp Stutz E. SWIFS – Swiss Infant Feeding Study. Eine nationale Studie zur Säuglingsernährung und Gesundheit im ersten Lebensjahr. Basel, 2014 (www.swisstph.ch/swifs/d.html)