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Stillförderung Schweiz

Fachtagung Zürich 18.September 2014

 

Die interdisziplinäre Fachtagung zum Thema „Stillen und Arbeit“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Universitätsspitals Zürich und der Unterstützung  des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Gesundheitsförderung Schweiz und Ardo realisiert.
Wir danken allen Beteiligten.

Wie werden stillende Mütter am besten unterstützt, wenn sie nach dem Mutterschaftsurlaub an ihre Arbeitsstelle zurückkehren und weiterhin stillen möchten? Und welchen Nutzen bringt dies?

An der interdisziplinären Fachtagung „Stillen und Arbeit“ wurde diese Problematik aus verschiedenen Perspektiven diskutiert.
Programm
 

 









An der Fachtagung in Zürich konnten wir 68 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüssen. Davon haben 31 die Evaluation ausgefüllt. Beurteilung der Fachtagung


Frau Elisabeth Häni
, Fachlehrerin und Erwachsenenbildnerin, Bereichsleiterin Bildung und Beraterin bei der Fachstell UND Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen stellte ihren Beitrag unter den Titel Vereinbarkeit beginnt im Alltag - zu Hause und im Betrieb.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist Verhandlungssache auf der individuellen, betrieblichen und gesellschaftlichen Ebene: Frauen und Männer müssen über ihre Aufgabenteilung in der Erwerbs- und Familienarbeit, Arbeitnehmende und Arbeitgebende über vereinbarkeitsfreundliche Anstellungsbedingungen im Betrieb, Volks- und Interessenvertretende über die sozialpolitischen Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit verhandeln.

Wo die Interessen verschiedener Beteiligter auf einander treffen und gesetzliche Bestimmungen im Alltag umgesetzt werden müssen, ist ein Gleichgewicht nicht immer gewährleistet. Oftmals beginnen die Akteurinnen und Akteure zu verhandeln, sobald Probleme auftreten, und sie setzen sich mit Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie vertiefter auseinander.

Die Fachstelle UND ist daran interessiert, dass sich dabei Gewinn bringende Lösungen für alle Beteiligten finden lassen. Die Fachstelle arbeitet mit Privatpersonen und Betrieben in je neun Handlungsfeldern, in welchen sie beispielsweise einen Check-up oder eine umfassende Situationsanalyse zur Balance von Beruf und Familie/Privatleben durchführt.

Auf der Grundlage einer solchen Standortbestimmung lassen sich erfolgversprechende Ziele festlegen, Massnahmen ableiten und gangbare Lösungen für die spezifischen Situationen finden. Standardlösungen oder Patentrezepte gibt es nicht, die Massnahmen müssen „massgeschneidert“ entwickelt und umgesetzt werden.

Das Referat stellt die an der Tagung im Zentrum stehende Regelung der Stillzeit am Arbeitsplatz in den Gesamtzusammenhang der Vereinbarkeitsthematik. Es werden je neun individuelle und betriebliche Handlungsfelder vorgestellt und ergänzt mit einigen Beispielen guter Praxis aus dem Erfahrungsschatz der Fachstelle UND in der Begleitung von Privatpersonen und Betrieben. Folien

Frau Dore Heim, geschäftsführende Zentralsektretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes erläuterte den neuen Artikel 60 Abs. 2 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV1).

Neu müssen die Arbeitgeber die Zeit, welche für das Stillen eines Säuglings während der Arbeitszeit gebraucht wird, entlöhnen. Der Bundesrat hat mit der Inkraftsetzung des neuen Art. 60 ArGV1 einen weiteren, gewichtigen Schritt in Richtung besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie getan. Die Revision ist per 1. Juni 2014 in Kraft getreten. Mit der vorliegenden Neuerung zu den Stillzeiten in der ArGV 1 wird der Inhalt der Konvention Nr. 183 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) umgesetzt.
Art. 60 Abs. 2 ArGV 1 bestimmt, dass Müttern die für das Stillen oder für das Abpumpen von Milch erforderlichen Zeiten als Pausen freizugeben sind und dass diese Pausen ganz normal wie Arbeitszeit entlöhnt werden müssen. Diese Bestimmung gilt für das erste Lebensjahr des Säuglings. Dem Stillen gleichgestellt ist also die Abpumpzeit. Sowohl das Stillen wie das Abpumpen können entweder im Betrieb, in welchem der Arbeitgeber zwingend einen gesonderten Still-Raum einrichten muss (gemäss Art. 34 Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz), oder extern stattfinden, z.B. zuhause oder in der Krippe.

Der Gesetzgeber hat die Dauer der Bezahlung begrenzt, dies nach effektiv geleisteter, täglicher Arbeitszeit (aus diesem Grund ist eine korrekte Arbeitszeiterfassung wichtig). Bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden werden 30 Minuten bezahlt. Bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden sind es 60 Minuten. Bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden sind es 90 Minuten. Der Arbeitgeber darf nicht verlangen, dass die so freigenommene Still-Pausen vor- oder nachkompensiert werden müssen oder zu einem negativen Arbeitszeit-Saldo gezählt werden. Sie gelten als ganz normal geleistete Arbeitszeit.

Es gilt zu betonen: Bei all diesen gesetzlichen Vorgaben zur Dauer der bezahlten Stillpausen handelt es sich um gesetzliche Minimal-Bestimmungen. Arbeitgeber und Arbeitnehmende bzw. die Sozialpartner im GAV können und sollen je nach Situation auch eine längere Dauer für die Bezahlung festsetzen.
Wichtig ist weiter klarzustellen: Hat eine Mutter bzw. ein Kind das Bedürfnis nach längeren Stillpausen, dann ist die zusätzliche Zeit vom Arbeitgeber obligatorisch zu gewähren: Stillenden Müttern ist die erforderliche Zeit zum Stillen auf jeden Fall freizugeben (siehe Art. 35a Arbeitsgesetz). Falls vertraglich nicht anders bestimmt, sind jedoch diese zusätzlichen Stillpausen nicht bezahlt. Folien


Frau Ruth Derrer Balladore, Senior Consultant des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes beleuchtete die Thematik aus Sicht des Arbeitgebers: Stillpausen oder das Kinderzimmer am Arbeitsplatz

Stillende Mütter geniessen im Arbeitsgesetz eine Sonderbehandlung. Sie bleiben aber vor allem Arbeitnehmerin. Es ist deshalb wichtig, sich die Regelungen im Kontext des Arbeitsvertragsverhältnisses zu vergegenwärtigen.
Stillen am Arbeitsplatz war in der Vergangenheit nie ein grosses Thema. In aller Regel wurden sehr pragmatisch die Lösungen gesucht. Dies wird auch unter der neuen Regelung nicht anders sein. Nicht zu vergessen: es handelt sich ja um eine beschränkte Zeit, die aber für die Mutter sehr wichtig ist.
Das Wichtigste ist auch hier: „me mues halt rede mitenand“. Ohne das geht es nicht. Die Arbeitnehmerin kann in aller Regel die Bedürfnisse und Möglichkeiten des Arbeitgebers besser einschätzen als der Arbeitgeber wissen kann, was die stillende Mutter im konkreten Fall braucht. Es wird sicher Kompromisse brauchen. So kann z.B. die Mutter, die im Gastgewerbe tätig ist, nicht mitten im Mittagsservice ihre Stillpause beziehen. Wird frühzeitig über die gegenseitigen Bedürfnisse gesprochen, ist es auch möglich, z.B, den Stillrhythmus langfristig anzupassen.

Das Gegenstück zur Verpflichtung und Bereitschaft des Arbeitgebers, die Stillpausen nach dem Bedürfnis der stillenden Arbeitnehmerin zu gewähren, ist die Fairness der Arbeitnehmerin, die Stillpausen nur so lange zu beziehen, wie sie tatsächlich stillt. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, wäre eine allgemeine Arbeitszeitreduktion für alle Mütter das Resultat gewesen. Der Arbeitgeber kann deshalb auch einen Nachweis verlangen, dass die Mutter das Kind tatsächlich stillt, wenn er darüber Zweifel hat.

Flexible oder unregelmässige Arbeitszeiten sind für junge Mütter ebenso möglich wie home office. Flexible Arbeitszeiten kommen der jungen Mutter sehr entgegen, weil sie stressvermindernd wirken. Gerade zu Beginn der Wiederaufnahme der Arbeit sind feste Zeiten oft eine grosse Herausforderung – das Kleinkind ist kein Roboter. Wird teilweise mit Home office gearbeitet, spart das die Zeit für den Weg zur Arbeit. Seitens der Arbeitnehmerin ist aber die Einsicht notwendig, dass es ohne zusätzliche Mithilfe bei der Kinderbetreuung nicht geht. Der Arbeitgeber seinerseits braucht das Vertrauen, dass die Leistung auch zu Hause erbracht wird. Unregelmässige Arbeitszeiten müssen klar vereinbart werden. Auch die Dauer des einzelnen Einsatzes ist wichtig, da sich daraus die Dauer der Stillpause ergibt.  Folien




 
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